Vortrag des DDR-Zeitzeugen Thomas Raufeisen
Die Jahrgangsstufe 1 hatte die Möglichkeit, an einem spannenden Vortrag des DDR-Zeitzeugen Thomas Raufeisen teilzunehmen. Begleitet wurde die Veranstaltung von der Konrad-Adenauer-Stiftung, organisiert hatte den Vormittag GGK-Lehrerin Laura Paul.
Raufeisen, geboren 1962, war 16 Jahre alt, als er Anfang 1979 mit seiner Familie überstürzt von seiner Heimatstadt Hannover zum angeblich kranken Großvater in die DDR reisen musste. Doch die Reise endete nicht bei den Großeltern an der Ostsee, sondern in einem Gästehaus der Stasi bei Berlin.
Der Jugendliche, sein Bruder und die Mutter erfuhren dort, dass der Vater nicht wie angenommen als Geophysiker bei Preussag in Hannover gearbeitet hatte, sondern Wirtschaftsspionage im Auftrag der DDR betrieb. Als seine Tarnung aufzufliegen drohte, entschloss er sich, mit seiner ahnungslosen Familie in die DDR zu fliehen.
Raufeisen fand sich in einem System wieder, das ihm widerstrebte. Unkritischer Unterricht in den Gesellschaftswissenschaften und entschärfte Handgranaten als Wurfinstrumente im Sportunterricht waren nur zwei Beispiele, die ihn in der Schule abschreckten. Aber auch der Vater wandte sich von der DDR ab, die Familie stellte Ausreiseanträge und überlegte sich Fluchtrouten. Für Thomas Raufeisen endete dies in 14 Monaten Untersuchungshaft im Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, wo er psychische Folter erlebte. Der Vorwurf lautete „versuchte Republikflucht“. Als 19jähriger wurde er zu drei Jahren Haft verurteilt, der Vater erhielt lebenslänglich, die Mutter sieben Jahre Haft.
Den Beweis, dass diese Urteile nicht von einer unabhängigen Gerichtsbarkeit gefällt wurden, sondern politisch motiviert waren, hielt Raufeisen nach dem Ende der DDR bei der Einsicht seiner Stasi-Akte in den Händen: „einverstanden Mielke“ hatte Erich Mielke, 1982 Minister für Staatssicherheit, handschriftlich auf einem Dokument notiert, das Strafmaß und Begründung vorschlug.
Das Schicksal von Raufeisen illustriert die Willkür und Zufälligkeit, mit der in der DDR Strafen verhängt und politische Angelegenheiten verwaltet wurden – ein Muster, das sich in vielen Geschichten aus jener Zeit widerspiegelt.